Sonntag, 30. Juni 2019

Sarajevo

Sarajevo ist im deutschsprachigen Raum kaum als Reiseziel bekannt, genau so wie das Land Bosnien Herzogowina, dessen Hauptstadt es ist.

Von Frankfurt am Main aus erreicht man Sarajevo mit dem Flugzeug mit Umsteigen in Wien in ca. dreieinhalb Stunden.
Die dortige Währung ist die Konvertible Mark (KM), ein Euro sind ca. 1,96 KM. In vielen Restaurants werden aber auch Euro akzeptiert. Das öffentliche Verkehrsnetz ist gut ausgebaut; die einfache Fahrt unabhängig von der Entfernung kostet 1,60 KM.
Die Stadt selbst hat ca. 300.000 Einwohner. Die ethnische Zusammensetzung hat sich nach dem Bosnienkrieg wesentlich verändert. Waren es davor ca. 50% Muslime, ist deren Anteil danach auf über 80% gestiegen. Die meisten bosnischen Muslime verstehen sich als Europäer und praktizieren einen Islam, der sich an europäischen Normen und Werten orientiert.
Sarajevo gilt als multikulturelle Stadt - im Stadtzentrum findet man mehrere Moscheen, zwei serbisch-orthodoxe Kirchen, die katholische Kathedrale, Synagogen und eine ehemailge evangelische Kirche.
Wo genau in Bosnien-Herzogowina liegt Sarajevo? Sarajevo liegt öslich der geografischen Mitte in einem Talkessel und ist umgeben von mehreren Bergen.



Einer davon ist der Trebević, 1627m, auf dessen Gipfel ich auch gewandert bin. Aber dazu später mehr.

Direkt durch das Stadtzentrum fließt die Miljacka.



Grund für die Verfärbung ist Roterde, die an einigen Stellen im Flussbett vorkommt.

Die Geschichte Sarajevos ist geprägt von den verschiedenen Machthabern Bosniens. Den größten Einfluss hatten die Osmanen und Österreich-Ungarn, aber auch die Illyrer, Römer und Bogumilen haben Spuren hinterlassen. Zudem stand Sarajevo mehrmals im Fokus der Weltöffentlichkeit:
Die Ermordung von Erzherzog Franz Ferdinand, durch die 1914 der 1. Weltkrieg ausgelöst wurde; der Angriff der deutschen Luftwaffe auf Jugoslawien am 06.04.1941 während des zweiten Weltkriegs; die olympischen Winterspiele im Februar 1984 und die Belagerung Sarajevos, beginnend am 05.04.1992 mit der Einnahme des Flughafens durch Soldaten der Jugoslawischen Volksarmee während des Bosnienkriegs. Die Belagerung dauerte bis zum 26.02.1996 und war damit die längste Blockade einer Stadt im 20. Jahrhundert.
An dieser Stelle gäbe es noch viel mehr zu schreiben....

Auf der Suche nach einem geeigenten Reiseführer bin ich auf den vom Trescher Verlag gestoßen, der umfangreiche Hintergrundinformationen zur Geschichte, Kultur, Architektur und den aktuellen Entwicklungen sowie detaillierte Stadtrundgänge durch alle Stadtviertel bot. Weiterhin hatte ich mir auf der Outdooractive-App zwei Wanderungen offline heruntergeladen. 
Übernachtet habe ich in einem 5-Sterne-Hotel in der Nähe des Flughafens, was preislich akzeptabel war.




Dienstag am späten Nachmittag ging es über Wien nach Sarajevo. Mit dem Hotel hatte ich einen Shuttle vereinbart und so war ich bereits abends in Sarajevo.

Am nächsten Tag stand erst einmal Sightseeing auf dem Programm. Mit der Straßenbahn, Nr. 3, die in der Nähe des Hotels von der Endstation Ilidža gefühlt alle fünf Minuten in die Innenstadt fährt, war ich in ca. 40 Minuten am Alten Rathaus.



Das Alte Rathaus gehört zu den prächtigsten und bekanntesten Bauwerken Sarajevos.


Die Baščaršija-Moschee


Kazandžiluk - die Gasse der Kupferschmiede gehört zu den bekanntesten Handwerksstraßen in der Stadt.



Der Sebilj - das Wahrzeichen Sarajevos auf dem alten Marktplatz


Die alte serbisch.orthodoxe Kirche



Die Gazi-Husrev-Beg-Moschee - sie gehört zu den wichtigsten Beispielen osmainscher Architektur und Baukunst in Sarajevo. Sie wurde 1531 nach einjähriger Bauzeit fertiggestellt und war lange Zeit das größte islamische Gotteshaus in Bosnien und Herzogowina. Ihr Namensgeber Gazi Husrev Beg stiftete die Moschee wie auch zahlreiche andere Bauwerke in Sarajevo. Das 47 Meter hohe Minarett gehört zu den höchsten in Bosnien.


In unmittelbarer Nähe erinnert nur noch das WC-Schild an die öffentliche Toilette des Beg. Im gleichen Jahr wie die Gazi-Husrev-Beg-Moschee öffnete auch da erste öffentliche WC in Sarajevo. Der Toilettenbau gehörte europaweit zu den ersten öffentlichen Bedürfnisanstalten mit Wasserspülung.


Gazi Husrev Beg Begistan - es handelt sich hierbei um ca. 25 Geschäfte in einer Markthalle.



Die Ferhadija-Moschee ist leicht zu übersehen.


Katholische Kathedrale - Josip Stadler, der erste Erzbischof initiierte diesen Bau. Der Grundstein wurde 1884 gelegt, eingeweiht wurde die Kathedrale fünf Jahre später.



Die neue serbisch-orthodoxe Kirche


Seit 06.04.1946 brennt hier fast ununterbrochen die Ewige Flamme. Sie erinnert an die Befreiung Sarajevos im Zweiten Weltkrieg.


Der Eingang der Nationalbank - der Bau entstand 1931 im Auftrag der Mortgage Bank. Seit dem Ende des Bosnienkrieges residiert hier die Nationalbank Bosniens und Herzogowinas.


Die Kirche des heiligen Vincent


Das ehemalige Oslobodenje-Verlagsgebäude


Das Denkmal für die während der Belagerung Sarajevos getöteten Kinder am Rande des Veliki Parks wurde am 09.05.2009 eingeweiht. Mehr als 1300 Kinder kamen von 1992 bis 1995 ums Leben. Die Glasskulptur symbolisiert eine Mutter, die versucht, ihr Kind zu schützen. Das Denkmal besteht überweigend aus Glas und Bronze. Dabei wurden für den bronzenen Ring ausschließlich Munitions- und Granathülsen verarbeitet, die auf die Stadt abgefeuert worden waren. Die Fußspuren rund um die Glasskulptur stammen von Freunden der getöteten Kinder.


Der Präsidentenpalast


Die Ali-Pashá-Moschee

 
Die ehemalige evangelische Kirche im römisch-byzantinischen Stil und heutige Kunstakademie auf der anderen Seite der Miljacka an der Promenade Obala Dizdara - im 19. Jahrhundert lebten nur wenige Protestanten in Sarajevo. Mit der Machtübernahme Österreich-Ungarns wuchs die evangelische Gemeinde und damit der Wunsch nach einem eigenen Gotteshaus. Nach dem Abzug Österreich-Ungarns verließen auch die meisten Protestanten nach und nach die Stadt. Die Kirche stand bald leer und verkam bis sie 1991 von der Stadt selbst restauriert wurde und die Kunstakademie im Gebäude ansiedelte.



Links der Justizpalast, der heute das Rektorat der Universität von Sarajevo, die Juristische Fakultät und Büros der Justiz beherbergt, und rechts die Hauptpost (einfach mal reingehen).


Fast direkt gegenüber das überaus stilvoll eingerichtete Café Linea, bei dem man auch auf der Terrasse sitzen und entpannen kann.



Die Lateinerbrücke


Oberhalb des Park At Mejdan befindet sich das Verteidigungsministerium.


Etwas weiter östlich steht die Antoniuskirche und das Franziskanerkloster.


Am nächsten Tag bin ich von Sarajevo aus auf den Trebević gewandert. Mehr als 1100 Höhenmeter nach oben und natürlich auch wieder runter, insgesamt etwas über 22 Kilometer. Wer diese Strapazen nicht auf sich nehmen möchte, dem kann ich die Seilbahn empfehlen, mit der zumindest der erste Teil des Aufstiegs schweißlos überwunden werden kann.
Der Startpunkt der Wanderung befindet sich in der Nähe des Alten Rathauses.
Von dort ging es über die Miljacka und dann immer den Berg hoch...

... an einem islamischen Friedhof vorbei





 



 Am Wegesrand








Die Reste der Bobbahn der 14. Olympischen Winterspiele 1984



Das Pino Nature Hotel


Vom Hotel aus bin ich dem Weg der App gefolgt und nicht der ausgeschilderten Variante und so kam ich zu einem weiteren Restaurant, an dessen Eingang sich dieses Schild befand.






Ein Blick zurück



Endlich oben - bereits auf den letzten Metern hörte ich Donnergrollen ...






... und dann gings mehr im Trailrunning-Schritt als im Wanderschritt wieder den Berg hinab - ein Stück den gleichen Weg und dann auf anderen Pfaden ...






... bis ich wieder in der Nähe der Seilbahn und der ehemaligen Bobbahn war.



Es fing leicht an zu regnen und ich konnte mich dann kurz nach dem Einsetzen des Gewitters oberhalb der Stadt in eine Unterführung stellen.



15 Minuten später war das Gewitter vorbei und ich war in wenigen Minuten wieder am Ausgangspunkt.

Auch am nächsten Tag hatte ich eine Wanderung geplant. Zuerst mit dem Taxi zum Busbahnhof Istočno, der ca. 10 Fahrminuten vom Hotel aus auf der anderen Seite des Flughafens liegt.
Das Ticket für den Bus nach Pale hatte ich bereits zu Hause online gekauft, musste aber am Schalter noch eine KM dazuzahlen, damit mich der Kontrolleur zum Bus ließ. Pale liegt ca. 20 Kilometer entfernt.
Von Pale aus bin ich auf dem Cirina Trail nach Sarajevo gewandert - ca. 15 Kilometer ohne nennenswerte Höhenmeter.




Es war mir bekannt, dass es durch einige Tunnel geht. Ich hatte mich, obwohl ich eine Stirnlampe mitgenommen hatte, an diesem Tag auf die Taschenlampe meines Smartphones verlassen - die Stirnlampe wäre besser gewesen, da es in einigen Tunneln stockdunkel und der Weg uneben war sowie von oben das Wasser tropfte. In einem Tunnel war relativ nah am Ausgang mehr als die Hälfte des Weges verschüttet.






Tja, hier wurde es schwierig. Der Weg sollte nicht über die mehr als drei Meter hohen Bohlen gehen; leider war nichts ausgeschildert und es war deutlich zu sehen, dass derjenige,der den Weg in der App aufgezeichnet hatte, unterhalb dieser Brücke am Fluß mehrfach hin und her gegangen ist, um rüberzukommen.




Auf dem unteren Baumstamm gehen und oben festhalten - etwas wacklig, aber ok.



Hier seht ihr nochmal die Konstruktion von der anderen Flußseite.



Am Ende des Tunnels (vom Ausgang aus fotografiert)





Und die nächste Schikane


Wieder runter zum Fluss ...


... mit, was für ein Glück, ganz niedrigem Wasserstand, so dass ich mit zwei Schritten über Steine rüber kam.





Für Blümchen habe ich immer Zeit😉








Auch hier - Minen!





Sarajevo in Sicht




Rechts oben die weiße Festung



Den letzten Tag verbrachte ich noch einmal in der Stadt - es gab noch Einiges zu sehen. Ich hatte mir vorgenommen, zu den Stadttoren und der weißen Festung zu gehen.

Als erstes führte mein Weg an vielen Grabsteinen vorbei...



... zum Multimediacenter, an dessen Außenmauern Namensplatten angebracht sind, meines Wissens zum Gedenken der Verstorbenen im Bosnienkrieg.




Eins der Stadttore




Das Višegrad-Tor ist das bekannteste der drei noch erhaltenen Festungstore.


Um das Fort steht ein Bauzaun, der bewacht wird. Nach freundlichem Nachfragen wurde ich reingelassen.




Und am späten Nachmittag auf dem Vilson-Spazierweg; es handelt sich um eine Straße mit Fußweg aus der die Autos verbannt wurden - ca. drei Kilometer immer an der Miljacka entlang.



Ich hoffe, der kleine Einblick in ein wunderschönes Land hat euch gefallen. Ich für meinen Teil werde sicherlich nicht das letzte Mal in Bosnien-Herzogowina gewesen sein.